PMP® Zertifizierung | Projekte unpünktlich? | Kritische Kette | 2. Teil

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Psychologie der kritischen Kette

Der eigentliche Nutzen CCPMs liegt in der „Psychologie“ begründet. Ressourcen können ihre Puffer nicht mehr aussitzen, geschweige denn verschweigen. Es herrscht absolute Transparenz in Sachen „Puffermanagement“. Verschleppungen von Puffern sind nicht mehr möglich. Da die Puffer gebündelt werden, lassen sich auch leichter Erkenntnisse für zukünftige ähnliche Projekte sammeln.

Allerdings gilt für die Kritische Kette ebenso wie für alle anderen Vorgehensmodelle: „Disziplin und offener Umgang“.

 

Das Ressourcen sich über das „Studentensyndrom“ vorsätzlich freie Zeit zuordnen, ist in den meisten Fällen wohl unbegründet. Das „Studentensyndrom“ greift eher dann, wenn es darum geht: „Was mache ich heute zuerst?“. Wir Menschen neigen natürlich dazu, immer erst das zu erledigen, was am interessantesten für uns ist. Unangenehme Arbeiten verschiebt man gerne bis auf den letzten Drücker.  Allerdings interagiert dann wohl auch das „Multitasking“. Das Multitasking ist meiner Erfahrung nach das größte Problem. Es kostet erhebliche Ressourcen beim Menschen, mehrmals am Tag in unterschiedliche Projekte oder Arbeitsbereiche zu wechseln – auch wenn der Wechsel nur gedanklich erfolgt. Dies wird dann häufig in Kombination mit dem Studentensyndrom gemanaged.

Eine Frau bezweifelt, dass Sie für das Studenten Syndrom anfällig ist.
Es kann jeden erwischen!

Das Commitment zum Abgabe Termin

Eines der Probleme liegt im Commitment. Der Projektleiter fixiert den Abgabetermin und erzeugt dadurch Druck, was zu impliziten Puffern führt. Bei Goldratt ist das nicht vorgesehen. Das heißt nicht, dass Arbeitspakete ohne Ende ausufern dürfen, der zugeordnete Aufwand bildet natürlich auch eine terminliche Verpflichtung. Allerdings passiert dies immer unter der Maxime, das Ursachen von  Verspätungen durch die Ressource kommentiert oder begründet werden müssen.

„Puffer Diebstahl“

Ein weiteres Problem liegt in der „nicht Wiederhergabe“, nicht benötigter Puffer. Verfrühungen werden einbehalten, Verspätungen immer weitergereicht. Dieses Problem könnte mit der kritischen Kette gelöst werden, wenn die Ressourcen ihr Schätzverhalten aufgrund der neuen Umgebungsbedingungen nicht ändern würden. Einhergehen muss daher eine Veränderung der Managementkultur. Manager und Team müssen sich einig darüber sein, dass eine Schätzung keinen fixen Termin erzeugt. Wenn dann der Puffer aller Arbeitspakete zentralisiert verwendet wird, werden Verfrühungen in den meisten Fällen weiter gereicht. So kommt es zu einem Ausgleich der Verspätungen.

Auch die Total Cost of Ownerships frequentieren des Projektlebenszyklus.
Einer der erfahrensten PMP Trainer Deutschlands.

Kritik an Goldratts „versteckten Puffern“

Die Kritik an den Goldratts These der „versteckten Puffer“ halte ich für falsch. Aus meiner Erfahrung, als auch aus der Erfahrung meiner Teilnehmer, zeigt sich immer wieder, dass Mitarbeiter dazu neigen, implizite Puffer mit einzubauen. Manchmal gerechtfertigt aufgrund bestimmter Risiken, häufig aber auch nur zur eigenen Sicherheit, um die eigene Kompetenz durch „Termin genaue Abgabe“ der Liefergegenstände sicher zu stellen. Das gilt übrigens genauso für agile Projekte. Wenn ein Team seine Inkrement nicht in dem definierten Sprint fertigstellen kann, wird auch hier die Velocity (Aufwand basierend auf Storypoints) Wenn die Anfrage also durch den Projektleiter für ein Arbeitspaket gestellt wird, gehen den Ressource verschiedene Dinge durch den Kopf.

Annahmen:

  1. Wenn ich nicht gestört werde und jeden Tag 8 Stunden konzentriert arbeite, dann würde ich normalerweise  3 Tage benötigen.
  2. Wenn meine Anwesenheit in Projekt B notwendig wird, benötige ich mindestens 5 Tage.
  3. Fällt mal wieder die Rüttelmaschine aus, dauert die Reparatur mindestens 1 Tag, d.h. ich benötige mindestens 6 Tage.
  4. Falls der Praktikant dazu stößt, benötige ich einen weiteren Tag wegen den ständigen Erklärungen, also 7 Tage.
  5. Zur Sicherheit, falls alle Stricke reißen, setze ich noch einen Tag oben auf, also 8 Tage.

In der Annahme unter Punkt 1 geht die Ressource von einer Normalverteilung aus. Das entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 50%.(Bild 13)

Die Annahmen der Punkte 2 – 5 erzeugen eine Betaverteilung (Bild 13). Von daher werden 5 weitere Tage als Sicherheit mit eingeplant. Die Ressource bedenkt allerdings nicht, dass alle anderen Ressourcen ähnlich denken, aber nicht lateral mit einbeziehen, dass die vermuteten Risiken bei den meisten nicht eintreffen oder nur teilweise eintreffen werden. D.h., dass alle nicht eingetroffenen Risiken „Verfrühungen“ erzeugen, die i.d.R. nicht weitergereicht werden.

Glockenkurve oder Normalverteilung
Bild 13: Glockenkurve oder Normalverteilung

In den obigen Beispielen haben wir unterstellt, dass die Ressourcen wie immer schätzen, also am Schätzverhalten nichts ändern, aber nur 50% der Dauer/ Aufwände erhalten und die restlichen 50% in den Pufferpool fließen. Das wird und kann in der Praxis anfangs so gehandhabt werden. Lessons learned im Rahmen der Assets können diese Vorgehensweise in späteren Projekten optimieren, sodass die Puffer  – sicherlich ganz im Sinne der Unternehmensführung – in zukünftigen Projekten immer mehr gekürzt werden können.

Goldratt meinte allerdings, dass gemäß Bild 12 die Dauern/Aufwände der Ressource zugeordnet werden, deren mögliche Vakanz eine Eintrittswahrscheinlichkeit von 50% involvieren, nicht 50% der geschätzten Dauer. Die Sicherheiten, die sich über diese Verteilung nach rechts ergeben, werden dagegen im zentralen Ressourcenpool erfasst.Ich halte aber die oben bschriebene Methode für sinnvoller und praktikabeler.

Was aber nicht passieren darf, ist, dass Dauer und Aufwand gleichgesetzt werden. Die Dauer kann genutzt werden, wenn eine Ressource (100% Kapazität) jeweils 8 Stunden täglich in einem Arbeitspaket arbeitet. Variieren die Arbeitszeiten pro Tag oder arbeiten mehrere Ressourcen in dem Arbeitspaket, muss mit Aufwänden gerechnet werden. Dies ist in den meisten Projekten sowieso der Fall.

Formparameter "Betaverteilung".
Bild 14: Betaverteilung

Vorgehensweise

Meiner Ansicht nach überwiegen die Vorteile gegenüber der CPM Methode.

Was aber bei einer Einführung von CCPM nicht passieren sollte: „Wir machen ein Pilot Projekt!“ Dann konzentriert sich alles im Unternehmen nur noch auf das Pilotprojekt – entweder als Blockierer oder Unterstützer! Das sind keine realistischen Bedingungen!

Die Projektleiter sollten im CCPM ausgebildet werden und sukzessive die neuen Methoden in ihren Projekten die neue Methode. Der Projektleiter erklärt den Ressourcen beiläufig den Unterschied einer 50% Wahrscheinlichkeit-Schätzung und einer 80% – 90% Wahrscheinlichkeit-Schätzung. Wenn bei 200 Arbeitspaketen eine Termin-Eintritts-Wahrscheinlichkeit von 50% unterstellt wird, dann werden etwa 100 Arbeitspakete pünktlich fertig. 100 Arbeitspakete benötigen also keine zusätzlichen Sicherheiten. Würde also jedes Arbeitspaket mit etwa 80% Eintrittswahrscheinlichkeit geschätzt werden, „verpufft“ eine Menge Puffer vollkommen nutzlos, weil Verfrühungen nicht weitergereicht werden!

Von daher gilt es ausschließlich Arbeitspakete mit 50% Wahrscheinlichkeit zu schätzen, sowie einen zentralen Puffer zu etablieren, der aber allen Arbeitspaketen zur Verfügung steht.

Mit einer kleinen Begründung erhält also jede Ressource zusätzliche Aufwände für ihr Arbeitspaket ohne jegliche Kritik. Wenn das Top down gelebt wird, sollte CCPM große Vorteile bringen.

Egal welche Vorgehensweise sie präferieren, CPM, CCPM, Scrum usw., letztendlich geht es immer um Kommunikation und Menschenführung. Noch so gute Techniken und Methoden ersetzen nicht postheroische Führung mit einer Y-Denke.

Das Prinzip der zentralen Puffer nach Goldratt sollte jedem einleuchten. Die Umsetzung erfordert Teamgeist und Motivation.

Die „Kritische Kette“ ist Teil der PMP Prüfung.

 

Renee Ossowski, PMP

Earned Value Management ist Projektmanagement im Kontext der Überwachung- und Steuerungsprozesse.
Das DoD USA hat über die EVA (Earned Value Analyse) Transparenz und Kostenreduktion, bezogen auf ihren Rüstungsetat von 700 Milliarden Dollar erreicht.
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