Lernen und Glück sind quasi Nachbarn im Gehirn. Es existieren allerdings Gehirne, die wissen das noch nicht! Man kann solche Gehirne mit ehemals Ostberlin und Westberlin vergleichen. Da gab es Nachbarn, die lebten 50 Meter Luftlinie weit entfernt und kannten sich nicht einmal. Na ja gut, soll es heute auch noch geben, obwohl keine Mauer dazwischen steht. Aber so ähnlich muss man sich das vorstellen. Obwohl da ein paar nette Nachbarn wohnen, mit denen man vielleicht sehr viel Spaß haben könnte – man weiß einfach nichts von ihnen. Im Gegenteil, man sieht da immer nur ein altes klappriges Auto vor der Tür stehen und vermeintlich komische Gestalten aus und eingehen – irgendwie bereitet dies Sorgen. Die negativen Ausschläge in unserem Unterbewusstsein dominieren.
Wie kommt es, das der eine Mensch Lernen als Glücksbringer erfährt, der andere Mensch dagegen Lernen als Qual empfindet? Manche Menschen offenbaren einen entspannten, leicht lächelnden Gesichtsausdruck beim Lernen, andere dagegen starren mit verkniffenen Augenliedern und tiefen Falten auf der Stirn ins Lernmittel, als säßen sie auf Reiszwecken.
Nun, wie so ziemlich alles im Leben, hat auch die Verbindung, Lernen und Glück oder Lernen und Ungemach, etwas mit Erfahrungen zu tun. Das Gehirn speichert vieles auf Basis von Erfahrungen. Wenn man als Mensch nie die Erfahrung gemacht hat, dass Lernen Glückshormone freisetzt, (Serotonin, Dopamin, Endorphin) wird Derjenige schon bei dem Gedanken daran, negative Gefühle freisetzen.
Meine Frau bspw. ist in Antalya aufgewachsen und kannte Wiesen auf denen Heu geerntet wird, nur aus dem Fernsehen. Seit einiger Zeit wohnen wir umgeben von Wiesen, auf denen Heu für Kühe gemacht wird. Das findet Sie auch ganz toll, wie man in Deutschland oder Österreich das Heu 2-mal täglich wendet…zudem diese schöne Heugeruch – und letztendlich zu großen Ballen presst und in Plastik Folie verpackt. Gut, das mit dem Plastik findet sie nicht so toll. Aber viele Türken in der Türkei denken, Plastik wäre reine Natur, sowas löst sich im Wasser aus. Das kann man sehr schön an den Bächen und Flüssen in der Türkei sehen. Was da so an Plastik Müll ins Meer runterrauscht – ich konnte da nie hinsehen.
Was meine Frau nicht aus dem Fernsehen kannte, ist der Geruch von ausgebrachter Gülle auf den Wiesen. Als sie das zum ersten Mal roch, wollte sie die nicht vorhandenen Fische füttern. Sie flüchtete ins Haus, schloss alle Fenster und versprühte Creed – Les Royales Exclusives – White Flowers, ein Parfüm, dass ich ihr beim vorvorletzten Hochzeitstag geschenkt hatte und mit dem sie bisher sehr sparsam umging.
Mein Gehirn assoziiert mit Gülle quasi gesunde Landluft – was natürlich Quatsch ist – ihr Gehirn assoziiert dagegen stinkende Kloake, was der Sache schon näher kommt. Aber was will man machen, wenn der eigene Vater während meiner Kindheit Gülle geschwängerte Luft tief durch die Nase einatmete und das Ganze als gesunde Landluft deklarierte?
Die Vorgänge in meinem Gehirn und dem meiner Frau, bezogen auf Erfahrungen mit dem Lernen, sind genau genommen austauschbar. Da ich aber gelernt habe, dass ein Lernmuffel kein Lernmuffel bleiben muss, sondern mit entsprechenden Methoden in einen kognitiven Weltmeister umgewandelt werden kann, machte ich analog dazu meiner Frau den Vorschlag, bei der nächsten Düngung ihre Nase doch mal für ein paar Stunden in den Wind zu strecken, um sich an die gesunde Landluft zu gewöhnen. “Wir werden Dich schon abhärten!“ witzelte ich mit einem jovialen Unterton. Jetzt möchte sie hier wegziehen, in die Stadt, weit weg von der gesunden Landluft.