Ein Team führen. Teil 1

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Ein Team führen, heißt Menschen oder Mitarbeiter führen. Beeinflussen „Sprachregister“ Verhalten? 

Bei der Bundeswehr heißt es: Das sind keine Leute, das sind Soldaten! In der freien Wirtschaft heißt es: Das sind keine Untergebenen, das sind Mitarbeiter! Kann allein die Bezeichnung von menschlichen Individuen oder die Wahl des Sprachregisters, das Verhalten oder das Menschenbild von Vorgesetzten beeinflussen? 

Ehepaar

In Unternehmen in denen ich als Berater oder Trainer tätig war, habe ich die Benutzung des Begriffs „Mitarbeiter“ eher als Ersatz für den Begriff „Untergebener“ wahrgenommen. Wenn man Jahrzehnte als Trainer tätig war, erkennt man sehr schnell an Körpersprache, Mimik und Tonfall, ob der Vorgesetzte der ein Team führt den Mitarbeiter partizipativ auf Augenhöhe anspricht, oder als Untergebenen. 

Interessant ist es aber, wenn ein Teamleiter ausnahmsweise mal von „den Menschen“ in seiner Abteilung spricht, anstatt von seinen Mitarbeitern, dann entsteht plötzlich ein stärkerer sozialer Kontext. 

Der Begriff Mitarbeiter, definiert eher den Arbeiter oder Angestellten, der jeweils formale Rollen in der Aufbau- und Ablauforganisation einnimmt. Der Begriff „Mensch“, scheint dagegen durch mehr Komplexität eine Aufwertung zu erzeugen. Gefühlsmäßig werden Mitarbeiter eher gemanaged, Menschen eher geführt.

Nun, die beiden Beispiele kennen in der Linguistik sogar einen Begriff: Man spricht von „Registern“ (formal, informell, vulgär, poetisch, Kanzleistil usw.). Der Vorgesetzte der ein Team führt, der sonst immer von seinen Mitarbeitern spricht, und jetzt ausnahmsweise von den „Menschen“ in seiner Abteilung, wechselt in ein anderes Register. Der Vorgesetzte der mit seiner Familie die Familie des Mitarbeiters im Supermarkt trifft, wählt unbewusst sofort ein Register „freundschaftlicher Kommunikation“. Die soziale Situation oder der soziale Kontext, nehmen einen starken Einfluss auf das Kommunikationsverhalten.

 

Falls der Vorgesetzte mit seiner Familie und der Familie des Mitarbeiters einen Tag im Grünen verbringen würde, würde sich am Arbeitsplatz ein vollkommen neues „Register“ ergeben. Dieses Register wird sich von dem bisherigen formalen Register unterscheiden, aber auch nicht konform gehen mit dem „Register“ beim gemeinsamen Ausflug ins Grüne. In der Regel wird sich ein neues, sehr produktives Register etablieren. Der Mitarbeiter oder Vorgesetzte – je nach Perspektive – wird in einem anderen sozialen Kontext gesehen. Die
hinlänglich bekannte Weisheit, „Zeigen Sie Interesse an Ihren Mitarbeitern“, gewinnt an Inhalt und erzeugt authentisches Interesse. Wenn der Vorgesetzte es schafft, nicht ins Fraternisieren zu verfallen, sondern diesen Zustand anhand des aktuellen Kommunikationsverhaltens zu erhalten, kann sich ein sehr konstruktives Arbeitsklima entwickeln.

Erklären lässt sich dieses Phänomen an Hundebesitzern. Zwei Hundebesitzer laufen jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit aneinander vorbei. Irgendwann treffen sie sich mit ihren Hunden zufällig im Park. Die Hunde beschnuppern sich, wedeln mit dem Schwanz und freuen sich des Lebens. Ein normaler Hundebesitzer freut sich immer mit seinem Hund. D.h. beide Hundebesitzer befinden sich in einer gelösten Gefühlslage und beginnen miteinander zu reden. Obwohl sie nur kurz miteinander gesprochen haben, haben sie ein gemeinsames Register der Kommunikation eröffnet oder entwickelt. 

Ein Team führen mit Euphonie oder Kakophonie?

Es ist auch noch nicht so lange her, da sprach man noch von Menschenführung, heute meist von Leadership und manchmal noch von Führung. Tatsache ist, dass Begriffe oder Register mit Gefühlen besetzt sind. Von daher kann eine adäquate Gesprächskultur, auch zu einer förderlichen Atmosphäre in einem Team führen. Das in einer betrieblichen Umgebung auch eine geschäftsmäßige Atmosphäre etabliert sein kann, steht außer Rede. Trotzdem können Meetings oder Jour Fixes in einer euphonischen Gesprächsatmosphäre stattfinden, die dem „Mensch sein“ entgegen kommt. Das Fehlen einer euphonischen Gesprächsatmosphäre, unterstellt man natürlich nicht automatisch eine kakophonische Atmosphäre. Meist aber eine Atmosphäre auf der Sachebene, ohne Einbeziehung der Beziehungsebene. 

Die Frage, „Müller können Sie dafür sorgen, dass die Deadline stringent gehalten wird und direkt anschließend unser „After Action Review“ stattfindet?“ wirkt extrem versachlicht. Allein die Begrifflichkeiten erzeugen nicht unbedingt eine euphonische Stimmung. Man kann sich vor seinem „geistigen Ohr“ auch nicht vorstellen, dass dieser Satz im Rahmen der Modulation der Stimme des Vorgesetzten, auch nur im Entferntesten euphonische Ansätze enthalten kann.

Jemand der ein Team führt und sich als adäquater Führer sieht.
Jemand der ein Team führt und sich als adäquater Führer sieht.

„Herr Müller, sorgen Sie doch bitte dafür, dass der Endtermin möglichst fixiert bleibt und gleich danach unsere Abschlussbesprechung stattfinden kann“. Also den Satz kann man schon mal euphonisch durch modulieren. Da sollte man etwas Euphonie zu Stande bringen können.

Auf der Seite 381 im PmBok Guide* 6th, werden die Moderationstechniken angesprochen. „Konsensbildung“ gilt hier als Mittel der „Überwindung von Hindernissen“. Können Sie sich vorstellen, dass ein Vorgesetzter mit einer harten, sachlichen und vielleicht sogar kakophonischen Gesprächsführung, „Konsens“ erzielen kann? Falls Sie einmal ein Project Management Professional PMP werden wollen, fangen Sie heute an zu üben, Euphonie zu erzeugen. Übrigens gilt dies auch für Ihre Mitarbeiter. Versuchen Sie kakophonische Entwicklungen im Keim zu ersticken. Das geht natürlich nicht mit der Faust auf den Tisch, wie einst Gerd Schröder: „Schluss jetzt mit der Kakophonie! Eine der wichtigsten Möglichkeiten ist wohl die Vorbildfunktion. Falls die nicht ausreicht, nehmen Sie kakophonische Beispiele aus Ihrem Team zum Anlass, daraus eine kleine Schulung abzuleiten, ohne die Protagonisten zu sehr in den Fokus zu stellen.

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Ein Hund registriert den Gesichtsausdruck seines Herrchen und zeigt Schuldbewusstein.
Tiere sind sehr empfänglich für Körpersprache.

 

Der Blickkontakt ist ein sehr bedeutsames Element jeder Kommunikation. Sogar Hunde mit ihrer begrenzten Intelligenz nehmen den Blickkontakt von Menschen wahr und können meist auch zwischen freundlichen und unfreundlichen Gesichtszügen unterscheiden.

In Gefängnissen totalitärer Systeme, dürfen Gefängniswärter keinen Blickkontakt der Gefangenen zulassen. Das gilt auch für manche Armeen. In manchen Militärgefängnissen müssen Wächter dem Soldaten eine Ohrfeige geben, wenn der Untergebenen den Blickkontakt suchte. Allein Blickkontakt kann eine Beziehungsebene erzeugen. 

Zu einer euphonischen Gesprächsatmosphäre gehört ein entspannter Blickkontakt. Es ist sehr kritisch zu sehen, wenn ein Vorgesetzter mit seinem Team keinen Blickkontakt ausübt. Wenn er seinen Mitarbeitern nicht entspannt in die Augen sehen kann, macht er sich sehr verdächtig. Andererseits macht er seinen Mitarbeitern das Leben schwer. Jeder Mensch empfindet es als unangenehm, wenn der Gegenüber ständig mit seinen Augen den Boden absucht. Dieses Problem – fehlender Blickkontakt – lässt sich allerdings nicht durch ein Training beheben. Hier sollte man einen Psychologen konsultieren.

Blickkontakt kann aber auch kontraproduktiv sein. Ein zu intensiv gepflegter Blickkontakt kann bspw. aufdringlich wirken. Im Business gilt ein zu langer Blickkontakt als Dominanz Geste. Ein Vertriebler sollte dem Blickkontakt eines Kunden nie länger Zeit standhalten. 

Auch der Kontext ist wichtig. Übt ein Vorgesetzter Kritik an einem Mitarbeiter Kritik, kann ein intensiver Blickkontakt als erheblicher Verstärker fungieren. Man sagt nicht umsonst von manchen Vorgesetzten, dass „ein Blick“ reicht, um eine Zurechtweisung zu erteilen. Vorgesetzte, die allerdings immer mit grimmiger Miene herumlaufen, werden dieses Werkzeug wohl nicht anwenden können, da verpufft der Effekt relativ schnell.

 

Nehmen Sie folgenden Rat als Maxime Ihres „Blickkontakt Managements“: Bleiben Sie Mensch! Sehen Sie in Ihren Mitarbeitern nicht den Arbeiter oder Angestellten sondern den MIT – Menschen.

Genauso wichtig ist es, das Sie als Vorgesetzter, Projektleiter oder Linienmanager in der Lage sind, sich neben Ihrer Rolle als Gesprächspartner, auf die Metaebene des Gesprächs begeben zu können. Aus Sicht der Metaebene sollten Sie die Körpersprache, den Blickkontakt und das Gesprächsverhalten Ihres Gesprächspartners analysieren. Das gehört aber schon in die hohe Kunst der Gesprächsführung. Eine Facette der Gesprächsführung ist die Kunst des „Fragen Stellens“.

In der Rhetorik heißt es: Wer fragt, der führt. Fortsetzung folgt

 

 Lesen demnächst Sie im 2. Teil:

 

„Was ist ein Team?“

„Die Vorbildfunktion“

 

 

Renee Ossowski, PMP

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