Earned Value Management – Methode mit sieben Siegeln?

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Earned Value Management *(EVM) wird fast ausschließlich in Unternehmen betrieben, die Aufträge aus den USA, insbesondere vom Department of Defence DoD, akquirieren. Aus Sicht des DoD‘s ein unverzichtbares Instrument, frühzeitig eine signifikante Prognose bezüglich Time&Budget vorzunehmen. Ab einer bestimmten Budgetgröße, vergibt das DOD nur noch Aufträge an Unternehmen, die „Earned Value fähig“ sind.   

In den folgenden 5 Artikeln, soll das Thema Earned Value Management, intensiv beleuchtet werden.

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       Artikelserie

1.     Drei Pläne Technik – wichtige Grundlage für das EVM

2.       Die Ermittlung eines Earned Value – unterschiedliche  Methoden

3.       EVM Prognose Kennzahlen, der Earned Schedule und Risikomanagement

4.       Spezielle Vorgehensweisen und Analysemöglichkeiten des EVM in besonderen Fällen.

5.      Assets auf Basis des EVM für zukünftige Projekte

 

 

Die „Drei Pläne Technik“ – wichtige Grundlage für das Earned Value Management.

Ich höre es in meinen Seminaren, man liest es immer wieder in Internet Portalen, oder sieht es auch in realen Projekten: PLAN – SOLL – IST werden im Projektmanagement nicht konsequent unterschieden oder verwendet. Im Rahmen der Überwachung, schaut man immer nur in den Rückspiegel. Antizipation wird in der Regel aus dem „Bauch“ vorgenommen.

Die antizipierende Verwendung dieser drei Pläne, sowie der Kontext zum EVM, soll in diesem Artikel geklärt werden.

Seminar „Earned Value Management“

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In den meisten Projekten werden SOLL – IST Vergleiche durchgeführt. Diese Vorgehensweise ist aber wenig sinnvoll oder zumindest nicht vollständig, und wird auch als Methode für das Projektmanagement, so nicht dokumentiert. Die vollständige Methode wird in vielen Fachbüchern beschrieben, hat aber keinen Namen. Der Name „Drei Pläne Technik“, oder noch besser „Dreiplantechnik“ (DPT) würde hier sehr gut zutreffen.

Der PmBok Guide 5th erklärt auf Seite 189, 6.7.22, Zitat:

„Project Management Software for scheduling provides the ability to track planned dates versus actual dates, to report variances to and progress made against the schedule baseline (vom Autor: auch die „cost baseline“), and to forcast the effects of changes to the project schedule model.“


Einführung

Projektbeispiel

Darstellung mit MS-Project

Zusammenfassung

Ausblick auf den Artikel : Die Ermittlung eines Earned Value – unterschiedliche  Methoden

Übersetzt bezogen auf die „Dreiplantechnik“ bedeutet dies:

PLanned dates  = PLAN Daten des Basisplans bezogen auf Zeit, Kosten und Inhalt und Umfang (scope)

Actual dates = Aktuelle Termine, Kosten und Veränderungen des Scopes. Also IST – Daten

To forcast the effects of changes to the project schedule model = Diese Daten werden als SOLL Daten interpretiert.

Projektbeispiel – sowie Darstellung mit MS-Project

Herr Müller betreibt ein kleines Unternehmen mit 30 Mitarbeitern. Inzwischen 85 Jahre alt, gedenkt er, das Unternehmen an seinen Sohn Maximilian zu übergeben.

Herr Müller war immer der Meinung: IT – sowas benötigen wir nicht! Sein Sohn Maximilian beschließt jedoch umgehend nach der Übernahme des Unternehmens, sofort auf IT umzustellen.

20.01.2015 Heute ergibt sich folgendes Szenario.

Bemerkung: Der PmBok Guide 5th spricht in diesem Fall von einem „Schedule Data Modell“ (S.184):

MSP1
MS Project Beispiel Szenario

21.01.2015 Maximilian legt sich auf dieses Szenario fest und speichert es als Basisplan ab. Er geht davon aus, dass die Planungsinhalte, die über die Terminplanung hinausgehen, am 27.Januar abgeschlossen werden. Die Planungsarbeit betrifft nur ihn selbst

Der PmBok Guide 5th spricht in diesem Fall von einer „Schedule Baseline“ (S.181):

MSP2
MS Project Beispiel Basisplan

Die Ansicht oben zeigt nun zwei deckungsgleiche Pläne: PLAN und SOLL. Der schwarze Zeitstrahl entspricht der PLAN Dauer, der blaue Zeitstrahl entspricht der SOLL Dauer. Die Stunden oberhalb der PLAN Dauer, entsprechen den PLAN Aufwänden. Die Stunden unterhalb der SOLL Dauer entsprechen den SOLL Aufwänden. Analog könnte man jetzt auch Kosten oder Dauern als Werte visualisieren. Dazu würde man neue Ansichten erzeugen.

 

23.01.2015 Maximilian erhält einen Anruf von seinem IT Lieferanten. Der IT Lieferant kann erst zwei Tage später liefern. Maximilian generiert daraus einen Claim (=Anspruch; PmBok Guide 5th S.384), der sich in einem 2% Nachlass der Kosten für das Equipment ausdrückt. Der Kunde willigt nach einigem hin und her ein. Da Maximilian MS-Project stand alone nutzt,  informiert er die ABC GMBH GmbH und den Trainer der TRAINERKNOWLEDGE per Email, bezüglich der Terminverschiebung. Danach aktualisiert er seine Terminplanung auf der SOLL Ebene:

MSP3
MS Project Beispiel Terminverschiebung

Die Terminverschiebung wird aufgrund der beiden Zeitstrahle sichtbar. Die jetzige Kostensituation stellt sich auch abweichend zum Basisplan dar. Die SOLL Kosten, bezogen auf Vorgang 4, hier nur als „Kosten“ dargestellt, haben sich um 800€ (2%) reduziert.

Obwohl noch keine IST Daten vorliegen (bezogen auf die Ausführungsphase), ergeben sich erste Änderungen, die schon Steuerungsmaßnahmen erfordern können.

PMI setzt im PmBok Guide einen gehörigen Schwerpunkt auf die antizipierende Überwachung und Steuerung eines Projekts (Beispiel: PmBok Guide 5th S.450, A1.7, 1. Aufzählungspunkt).

 

Diese Antizipation basiert einzig und allein auf den SOLL Daten eines Projekts – das Gegenteil zum „Blick in den Rückspiegel“. Dies wird in den nächsten Beispielen noch deutlicher. Genau genommen müsste jeder Projektmanager, der die SOLL Daten nicht erfasst, dokumentiert und interpretiert, ständig seinen Basisplan ändern. 

Bemerkung: Eine Änderung des Basisplans muss hier oder da aufgrund signifikanter, durch das CCB  freigegebener Changes sicherlich vorgenommen werden, allerdings immer als neue Version. Änderungen am Basisplan führen aber immer zu erheblichen Problemen für das Earned Value Management (EVM). Das EVM basiert grundsätzlich erst einmal auf dem Basisplan 0. Wie man mit erheblichen Änderungen des Basisplans im EVM umgeht, dazu mehr in den späteren Artikeln.

 

24.01.2015 Die ABC GMBH meldet sich bei Maximilian. Aufgrund der Terminverschiebung, muss die ABC GMBH GmbH einen externen Mitarbeiter auf Zeit beschäftigen.

 

Dadurch entstehen Zusatzkosten von 30€ pro Stunde. Maximilian akzeptiert. Er hätte die Terminverschiebung mit ABC GMBH besser vor dem Claim mit dem IT Lieferanten absprechen sollen. Er nimmt erneut eine Aktualisierung auf der SOLL Ebene vor:

MSP4
MS Project Beispiel Terminverschiebung 2

Auf der SOLL Ebene des Projekts wird nun deutlich:
Zurzeit liegt eine negative Kostenabweichung von 160€ vor. Diese errechnet sich
aus 800€ Einsparung durch den Claim gegenüber dem IT Lieferanten, sowie 960€
zusätzliche Kosten durch die ABC GMBH. Es liegen nach wie vor keine IST
Daten vor.

 

29.01.2015
Das IT Equipment wird geliefert. Es werden 50% der Gesamtsumme angezahlt. Der
Vertrag sieht für die Restsumme ein Zahlungsziel von 2 Wochen nach Lieferung
vor. Es verbleibt ein Obligo von 19600€.

30.01.2015 Die ABC GMBH hat mit der Installation des Netzwerks begonnen. Ab jetzt erfolgen IST Daten für die Ausführungsphase. Der PmBok Guide 5th spricht in diesem Fall von einem „Project Schedule“ (S.182). In einem Project Schedule
errechnet sich aus „IST“ und dem „Restwert“, auch als „Verbleibend oder
Berechnet“ bezeichnet, das SOLL. Das wird in dem Gantt Chart auf Seite 183
deutlich. Ebenso in der nächsten Grafik: Schwarzer Balken und blauer Balken,
ergeben die SOLL Dauer.

Dreiplan

02.02.2015 Die ABC GMBH berichtet folgende Arbeitsleistungsdaten sowie Prognose:

IST Daten:

IST Dauer: 2 Tage; IST Aufwand (IST Arbeit): 16 Stunden; IST Kosten: 2880€.

Verbleibende Dauer: 1,5Tage; Verbleibender Aufwand: 12 Stunden; Verbleibende Kosten: 2160€

Bemerkung: In jeder Statusmeldung einer Ressource sollten nicht nur die IST Werte gemeldet werden, sondern auch die Verbleibenden oder Rest Werte. Nur aus IST + Verbleibend ergibt sich ein SOLL auf Arbeitspaketebene. Dies hochverdichtet auf das Projekt, ergibt signifikante Prognosen.

SOLL Daten (IST + Verbleibend):

SOLL Dauer: 3,5 Tage; SOLL Aufwand: 28 Stunden SOLL Kosten: 5040€

Die Daten im Basisplan 0 betragen heute am 2.2.2015  :

PLAN Dauer: 2 Tage; PLAN Aufwand: 16 Stunden; PLAN
Kosten: 2400€

Die aktuelle Abweichungsanalyse zum 2.2.2015 PLAN + IST
Basisplan 0:

Dauer: 0 Tage; Aufwand: 0 Stunden; Kosten: -480€ (Erklären
sich aus der Terminverschiebung, die wiederum eine externe Ressource bei der ABC
GMBH nach sich zog)

Die aktuelle Abweichungsanalyse
Vorgang 5: (Basis)PLAN 0 + SOLL bezogen auf den 4.02.2015:

Dauer: 0,5 Tage verbleibend; Aufwand: 4 Stunden
verbleibend; Kosten: -240€

 Der PLAN – SOLL Vergleich ist ein antizipierender Vergleich. Zum heutigen Zeitpunkt (02.02.2015) haben wir gegenüber dem PLAN 240€ mehr bezahlt. Am Anfang der Ausführungsphase standen im Vorgang 5, 4800€ PLAN Kosten, 5760€ SOLL Kosten – aufgrund der Verteuerung der Aufwände der ABC GMBH – gegenüber. Wir können also prognostizieren, dass wir zum Ende des Projekts, 720€ unter den anfänglichen SOLL Kosten aber 240€ über den PLAN Kosten bleiben. 

04.02.2015 Die ABC GMBH meldet Vorgang 5 = fertig. Die Abnahme kann erfolgen. Die SOLL Daten vom 02.02.2015 werden jetzt zu IST Daten.

Bemerkung: Für das EVM entsteht jetzt das Problem, dass wir vom 9.01.2015 noch ein Obligo von 19600€ offen stehen haben, obwohl das gesamte Equipment verbaut wurde. Für EVM Insider sei gesagt: Die Verbuchung von EV und AC muss immer äquivalent erfolgen. Wir machen im EVM keine Buchhaltung. Im nächsten Artikel „Die Ermittlung eines Earned Value – unterschiedliche  Methoden“ wird für alle anderen Leser die Lösung des Problems geklärt.

 

05.02.2015 Da Maximilian schon während der Installation die Erfüllung der einzelnen Anforderungen prüfte, war die Übergabe am 4.02.2015 nur noch eine Formalität. Heute kann die Schulung der Mitarbeiter anhand der vorhandenen IT Umgebung gestartet werden.

09.02.2015 Die Schulung der Mitarbeiter wurde wie „berechnet“ (nicht wie geplant, es kam ja zu einer Verschiebung) abgeschlossen. Der Trainer war zeitlich flexibel. Ein weiterer Termin ist in 4 Wochen geplant.

 

Zusammenfassung

Es wurde deutlich, dass eine Mitkalkulation bezogen auf die PLAN Daten und IST Daten nicht ausreichen kann. Diese Art der Überwachung ist immer rückwärts gerichtet. Wenn Sie Auto fahren, schauen Sie auch nicht nur in den Rückspiegel. Nein, Sie schauen 90% der Fahrt geradeaus, beobachten und antizipieren Verhaltensweisen anderer Verkehrsteilnehmer.

Auch in Projekten ist Antizipation ein absolutes MUSS! Ein PLAN – IST – SOLL Vergleich bezieht auch die Zukunft mit ein. Und dieser, sollte auf der Ebene der Arbeitspaketebene stattfinden.

 

Ausblick

Wenn Sie die „Dreiplantechnik“ in Ihren Projekten etabliert haben, dann haben Sie einen riesen Schritt in die richtige Richtung vorgenommen. Aber es geht noch besser!

 

Insbesondere auf die SOLL Daten, setzen Prognose Kennzahlen wie Estimate at Completion EAC und Estimate to Complete ETC auf. Wie man einen EV ermittelt, und wie aus CPI und SPI ein EAC, ETC oder auch VAC und TCPI generiert werden, das erfahren Sie im nächsten und übernächsten Artikel.

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