Das 2. AXIOM Watzlawicks lautet: Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt.
Kurz bevor Herr Erdogan seinen Politik Wechsel beschloss, eröffnete ich in der Türkei eine Donuts Bäckerei. Es ging rapide bergauf, wir hatten sehr schnell drei eigene Geschäfte und diverse Cafés die wir belieferten. Bei den Beschaffungen der Investitionsgüter musste ich sehr schnell lernen, bei den Türken laufen Geschäfte nur über die Beziehungsebene. Ich beschwerte mich einmal bei einem Lieferanten über seine Unzuverlässigkeit, Liefertermine einzuhalten. Die Konsequenz war, dass er mich nicht mehr belieferte. Er verzichtete auf 5000€ Umsatz.
Man spricht mit einem Türken nicht sofort über das Geschäft und bleibt auf der Beziehungseben immer moderat, auch wenn der Lieferant Sie noch so oft versetzt. Bei kleineren Investments geht man erst mal zusammen Tee trinken und klärt sich gegenseitig über die Familienverhältnisse und privaten Vorlieben auf. Erst wenn beide Seiten unterbewusst erkannt haben, die Chemie stimmt, spricht man über das Geschäft. Bei größeren Investments kann die Warmmachphase durchaus länger dauern. Ein feudaler Abend bei Bauchtanz und10 Gänge Menü fängt es an und hört bei Einladungen zu Familienfesten oder Hochzeiten im ganz großen Stil, auf. Die Hochzeiten sind phänomenal. In manchem Hotel existieren große Ballsäle bis zu drei Stockwerken unter der Erde, mit bis zu 1000 Menschen Fassungsvermögen. Alkohol gibt es nur in Maßen, wenn überhaupt.
Wir saßen einmal an einem Tisch mit 10 Personen, da gab es für den Tisch den gesamten Abend eine Flasche Raki, wobei die Frauen daran keinen Anteil hatten. Sie durften aber Wein trinken, allerdings auch nur bis 22:00. Danach wurde auch der Wein und Bier Ausschank eingestellt. Es sei bemerkt, es handelte sich um eine Hochzeit finanziell sehr gut gestellter Türken. Ich erfuhr von der quasi Prohibition erst um 21:55. Ich bestellte noch hastig drei Bierchen, bekam aber nur eins. An dem Raki Gelage hatte ich mich nicht beteiligt, da ich den Abend beim Bier bleiben wollte. Die Flasche war schon gegen 21:00 geleert, ich konnte aber noch mal daran riechen. Tja, wer zu spät bestellt, den bestraft der Kellner.
Hätte ich zwischenzeitig die Gelegenheiten genutzt, zum Kellner eine starke Beziehungsebene aufzubauen, wäre auf der Sachebene sicherlich auch nach 22:00 noch was gegangen. Grundsätzlich dominiert laut Watzlawick die Beziehungsebene die Sachebene (Inhalts-Aspekt). Bier bestellen ist Sachebene.
Für die nächste Hochzeit, legte ich mir eine bombensichere Strategie zu Recht, den Kellner auf der Beziehungsebene ordentlich zu manipulieren – Watzlawick lässt grüßen. Leider gab es auf der nächsten Hochzeit überhaupt keinen Alkohol. Ich probierte meine Strategie trotzdem aus und gewann einen neuen Freund dazu. Er hieß Ali.
Grundsätzlich sollten auch Sie als Deutscher die Beziehungsebene im geschäftlichen Bereich in den Fokus stellen. Meiner Erfahrung nach sind maximal 20% aller deutschen Geschäftsleute nicht sonderlich an der Beziehungsebene interessiert, dafür die anderen 80% umso mehr. Die 20% wollen unmittelbar stringente Information auf der Sachebene, nach dem Motto „Butter bei die Fische“. Das merken Sie aber ganz schnell. Lassen Sie bspw. einen Satz los wie „Meine Frau hat mir heute einen interessanten Rat mit auf dem Weg gegeben….“ oder „Mein Erstgeborener hat heute zum ersten Mal Papa zu mir gesagt…haben Sie auch Kinder?“ , sehen Sie i.d.R. an den nonverbalen Reaktionen sofort, ob Sie damit punkten können. Entgleist dem Gegenüber das Gesicht oder quält er sich ein Lächeln heraus, vergessen Sie die Beziehungsebene und switchen Sie um auf die Sachebene. Tatsache ist aber, dass im Vertrieb bei gleichartigen Produkten bezüglich der Mitwettbewerber, die Beziehungsebene den Ausschlag gibt. Ähnlich sieht es in allen anderen Kommunikationsprozessen aus. Ich erinnere heute noch meine Schulzeit. Am besten lernte ich bei Lehrern, bei denen die Beziehungsebene positiv besetzt war.
Zu den unterschiedlichen Menschentypen aber später mehr im Rahmen des DISG Modells. In dem vorhergehenden Beispiel dominierte mehr die schwarz-weiß Sicht.
Lesen Sie die Fortsetzung, „Das dritte Axiom“.