In den letzten 7 Jahren musste ich zwei Mal mit über 38 Grad Fieber, Husten und Gliederschmerzen ein PMP Seminar leiten. Ein weiteres Mal hat mich der Fön in München total geschafft.
In diesen drei Seminaren lag ich durchweg 1,2 Noten schlechter als im sonstigen Gesamtdurchschnitt und dass obwohl die fachlichen Inhalte mit den anderen Seminaren absolut konform gingen.
Aber mir fehlte jeglicher Humor. Wenn Sie dann nicht das Glück haben, dass ein Teilnehmer des Kurses das Entertainment übernimmt, kann so ein Seminar quälender als ein Zahnarztbesuch sein.
Ein Seminar muss unter dem Motto stehen: “Sag mir wie Dein Seminar beginnt, dann sag ich Dir wie es endet!“. Ähnlich wie ein 100 Meter Sprinter stark vom Start wegkommen muss, gilt es die Seminaratmosphäre ab Beginn aufgelockert und entspannt zu initiieren.
Die Vorstellungsrunde
Schon die Vorstellungsrunde kann darüber entscheiden, wie entspannt oder auch nicht entspannt ein Training abläuft. Gemäß der Teamuhr (nach Bruce W. Tuckman), startet jedes (neue) Team mit der „Forming Phase“. Anders als die meisten Projekte, dauert ein Seminar meistens nur zwei bis fünf Tage. Da die Teilnehmer von Anfang an positiv auf das Seminar eingestellt werden sollen, muss der Trainer die „Forming Phase“ locker aber effektiv gestalten. Ich verwende dazu ein Konzept, das je nach Teilnehmerzahl zwischen 10 und 25 Minuten dauert. Dieses Konzept gilt als so erfolgreich, dass ich garantieren kann, dass meine Teilnehmer Tränen lachen und am Ende jegliche Animositäten, Ängste, Distinguiertheiten und unsichtbare Mauern der Fremdheit, gänzlich vergessen haben.
Achten Sie auch darauf, dass einzelne Teilnehmer Ihre Vorstellung nicht analog zur Lindenstrasse gestalten, angefangen im Vorschulalter bis perspektivisch hinein ins 30. Rentenjahr. Etwa 2 – 3 Minuten sollten Sie als Dauer vorgeben.
In früheren Seminaren, als ich dieses Konzept nicht angewendet habe, konzentrierten sich die Teilnehmer in den ersten zwei oder drei Pausen ausschließlich auf mich als Trainer. Dies ist ein Indikator für Fremdheit und Befangenheit der Teilnehmer untereinander. Intensive Kommunikation unter den Teilnehmern, startete in der Regel erst am zweiten Tag. Sie haben vielleicht schon einmal vom JOHARI Fenster gehört, dass die Persönlichkeit eines Menschen in vier Bereiche aufteilt. Einer dieser Bereiche ist der öffentliche Bereich. Dabei gilt die Regel, dass um größer der öffentliche Bereich der jeweiligen Kommunikationspartner, desto besser fließt die Kommunikation. Aufgabe des Trainers oder Projektleiters ist es eben, diesen öffentlichen Bereich unter den Teilnehmern weit zu weiten, damit es sehr schnell zu einem regen Kommunikationsfluss unter den Teilnehmern kommt.
Spannungsbogen im PMP Seminar über 5 Tage hinweg?
Gerade die PMP Zertifizierungsvorbereitung ist ein Seminar, das von den Teilnehmern sehr viel abfordert. Der PmBok Guide ist keine „Strandlektüre“ und fordert viel Aufmerksamkeit. Als Folien auflegender Trainer schaut man schon häufig am 2. Tag in gähnende Gesichter, die sich wünschen, es wäre schon Freitag.
Um dies zu vermeiden und die Motivation des Kurses aufrecht zu erhalten, gibt es drei Konzepte: Humor, Anekdoten und Storytelling. Mehrere Artikel über Storytelling können Sie schon auf meiner Website lesen und hören.
Ich behaupte mal: Ein Trainer oder Lehrer, der keinen Humor hat, hat seinen Beruf verfehlt! Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang nur zu gut an meine Schul- oder Studienzeit. Mindestens die Hälfte aller Lehrer und Professoren waren vollkommen humorlos. Wenn der Lehrstoff selbst nicht hoch interessant war oder enorm wichtig erschien, säuselte man mit seinen Gedanken im letzten oder nächsten Ferienziel. Die Lehrkräfte, die humorvoll Lehrstoff vermittelten, sind mir dagegen heute in guter Erinnerung, nicht zuletzt, weil ich in deren Kurse die besten Leistungen brachte.
Leider lässt sich feststellen, dass obwohl viele Lehrkräfte über einen sehr interessanten Humor verfügen, dieser nur wenig im Unterricht angewendet wird. Viele vertreten nach wie vor die Meinung, dass humoristisches Agieren die eigene Autorität untergräbt. Humor spielt sich meist auf der Beziehungsebene ab, auf der sich viele „Fachexperten“ nicht sicher fühlen, von daher klammern sie sich an die Sachebene.
Jedoch ergaben Untersuchungen, dass ein Vortrag von einem fachlich schwächeren Redner, der den Kontakt zum Publikum ebenso auf der Beziehungsebene gesucht hat, als fachlich kompetenter wahrgenommen wurde, als der fachlich stärkere Redner, der die Beziehungsebene außer Acht ließ oder bewusst vermied.
Von daher noch einmal: „Humor, Anekdoten und Storytelling sind die Brückenpfeiler, die den Zugang zu den Zuhörern öffnen, die Kommunikationsbarrieren innerhalb des Kurses abbauen und helfen, über das Seminar hinweg erfolgreich einen Spannungsbogen zu erzeugen.
Der Spannungsbogen ist eines der wichtigsten Elemente in mehrtägigen Seminaren. Ist er nicht gegeben, schleppen sich die Teilnehmer nur noch zu Ihnen ins Seminar um ihre Zertifikat zu erhalten oder eine abschließende Prüfung zu bestehen.
Leider ist es so, dass man als Trainer eben auch sehr trockenen Lehrstoff vermitteln muss. Ebenso lassen sich kausal aufbauende Inhalte nicht immer an den Biorhythmus anpassen, so dass auch mal zu ungünstiger Tageszeit die Konzentration überstrapaziert wird.
Auch wenn es schwer fällt den aktuellen Stoff assoziativ mit den drei genannten Strategien zu verbinden, sollte ein Profi dazu in der Lage sein, seine Teilnehmer aus dem Mittagsschlaf zu reißen. Und wenn Ihnen gar nichts einfällt, erzählen Sie einen Witz. Sie sollten jedoch vorbereitet sein. Erzählen Sie Ihre Witze erst einmal privat und testen Sie, wie der Witz ankommt. Nichts ist schlimmer als ein Witz, der ein müdes Lächeln erzeugt.
Wenn Sie in der Lage sind, mehrmals am Tag ein herzhaftes Lachen in der Gruppe zu erzeugen, erhalten Sie allein schon dadurch einen gewissen Spannungsbogen. Fast jeder Mensch kommt gerne an einen Ort, wo gelacht wird. Wir Menschen identifizieren uns gerne mit Menschen, die humorvoll sind. Jeden Tag ein paar kleine Anekdoten die bei der Gruppe ankommen und Ihre Teilnehmer freuen sich schon auf Ihre Plauderei am nächsten Tag.
Ein Spannungsbogen wird natürlich primär über die Inhalte erzeugt. Der vorletzte Tag im Seminar sollte immer wieder als der Tag fokussiert werden, an dem die wichtigsten Benefits vermittelt werden. Auf diese Inhalte müssen Sie jeden Tag immer wieder anspielen: Mit rhetorischen Fragen, kontraintuitiven Behauptungen und Verbindungen zum aktuellen Thema.
In diesem Artikel wollten wir aber primär über Humor sprechen.
Wählen Sie einfache aber humorvolle Beispiele um komplizierten Stoff zu vermitteln. Wenn möglich beziehen Sie die Anwesenden namentlich als Rolle im Beispiel mit ein:
„Nach dem Daily Scrum gehen Herr Müller (Scrum Master) und Herr Wolter (Product Owner) direkt zum Kunden, Frau Wintersberg…….die beiden haben sich vorher geeinigt, dass Herr Müller als „protoprofessioneller Frauenversteher“ erst einmal das Gespräch eröffnet……..“.
Alle Namen sind anwesende Teilnehmer. Aber verstehen wir uns nicht falsch: Um proaktiv die Teilnehmer in humorvolle Rollen zu stecken, benötigen Sie eine stabile Beziehungsebene. Des Weiteren: Stecken Sie nicht immer wieder den gleichen Teilnehmer in „lächerliche Rollen“. Wechseln sie durch. Am 3. oder 4. Tag könnte es der Teilnehmer leid sein, dass immer nur über ihn gelacht wird. Er könnte sich gemoppt fühlen – also Fingerspitzengefühl ist gefragt.
Humor als Gefahr oder Gefahrenlöser
Ich hatte eine Teilnehmerin, die dann auf das Beispiel von oben konterte: „Der Müller soll mal kommen, ich bin auch sehr verständnisvoll!“ Wenn Sie es schaffen, die Gruppe humoristisch zu aktivieren und zu involvieren, dann haben Sie gewonnen! Allerdings sollten Sie Augenmaß halten! Ein Seminar ist keine Lustveranstaltung, sondern unterliegt fachlichen Zielen. Aber eine humorvolle Grundhaltung der Gruppe kann dem nur dienen.
Eine große Gefahr humoristischer Eigendynamik ist der „Geschlechterkampf“ oder eine Genderdebatte. Dabei dividieren sich männliche und weibliche Teilnehmer auseinander. Wenn Sie diese Dynamik nicht stoppen, werden Sie als weibliche Trainerin oder männlicher Trainer automatisch von der jeweiligen Fraktion vereinnahmt. Am Anfang mag ein Geschlechterkampf noch ganz lustig sein, da die Kommentare unterhaltsam sind. Aber umso intensiver der Schlagabtausch sich gestaltet, desto unlustiger werden auch die Kommentare. Das kann in eine extreme Kakophonie ausarten.
Lösung: Bei dem geringsten Verdacht geschlechterspezifischer Rhetorik sollte sofort auf die Sachebene gewechselt werden, auch wenn die Kommentare noch so lustig scheinen. Gehen Sie hierbei durchaus auf eine „staubtrockene Sachebene“. Wenn Sie jedes Mal so vorgehen, konditionieren Sie Ihre Teilnehmer erst gar nicht mehr den Versuch zu unternehmen, gegen den anderen „Block“ spitze Pfeile abzuschießen.
Humor kann aber auch Konflikten entgegenwirken. Es kommt auch mal vor, dass Sie als Trainer im Seminar attackiert werden. Das erste was Ihnen zur Lösung dieses Problems einfallen sollte, ist Demut.
Geht es um eine Konfrontation auf der Sachebene, reichen Sie die Fragestellung oder Beurteilung ohne Überheblichkeit und „Ich weiß es aber besser Gesicht“ weiter an die anderen Teilnehmer und zaubern Sie während dessen eine lustige Karikatur auf die Leinwand. Bestätigen die Teilnehmer Ihre Aussage, hat sich die Sache i.d.R. erledigt. Sind die Teilnehmer ebenfalls anderer Meinung, lassen Sie den Sachverhalt einfach googeln. Sie sollten sich aber Ihrer Sache sicher sein. Falls sich der Aspekt als nicht nicht googlebar erweist oder Unsicherheit Ihrerseits vorliegt, verschieben Sie die Lösung auf den nächsten Tag und erbringen Sie dann eine schlüssige Argumentation und Beweisführung. Sitzen Sie die Sache nicht aus, vor allem nicht, wenn die Gefahr besteht, dass Sie vielleicht doch im Unrecht waren. In jedem Fall sollten Sie trotzdem die Lösung präsentieren. Auch ein Trainer darf ab und zu Unrecht haben und in seinen eigenen Seminaren dazulernen.
Kommt es auf der Beziehungsebene zu einem Konflikt, dem Sie nicht ausweichen können, seien Sie noch demütiger als im ersten Fall, auch wenn der Teilnehmer Sie vollkommen zu Unrecht angreift. In diesem Kontext erinnere ich mich sehr gern an die inneren Dialoge Ottos Herrn Sost mit Leber, Kleinhirn, Milz, Großhirn, Faust und Auge. Schon über 30 Jahre alt, aber mit die beste Comedy, die ich je gesehen habe.
Es ist in dieser Situation ganz wichtig, eben nicht die Konfrontation mit dem Teilnehmer zu suchen. Probieren sie eher, sich selbst humorvoll zu diskreditieren.
„Entschuldigen Sie Herr Meier, das war mein Fehler. In meiner Familie nennt man mich auch den „Fettnäpfchentreter“, denn ich lasse keines aus. Meine Frau wollte sich schon mehrfach scheiden lassen, aber sie hat zu großes Mitleid mit mir. Sie weiß, dass ich ohne sie unter einer Brücke lande“. Ihre Mimik und Körpersprache sollte natürlich dazu passen.
Zu welchen positiven Effekten führt Humor?
Manchmal hört man die Redewendung: „Da verging mir das Lachen“.
Diese Aussage lässt nicht nur darauf schließen, dass der Normalzustand hergestellt wurde, und folglich nicht mehr gelacht wurde, sondern vermittelt auch vielmehr das Gefühlt, dass die Situation kritisch wurde.
Im Unterbewusstsein verbindet der Mensch Situationen, bei denen nicht gelacht wird, mit unangenehmen Situationen, nicht mit einem „Normalzustand der Lachfreiheit“. Ein Mensch, der mehrere Tage nicht lacht, ist entweder krank oder lebt in einer außergewöhnlich schlimmen Lebenssituation. Auch die Menschen, die jetzt meinen, nur keinen Humor zu haben, sind genau genommen krank. Ein Baby oder Kleinkind lacht etwa 400 mal am Tag. Jemand der nicht mehr lacht, hat irgendwann damit aufgehört. Dafür gab es Gründe. Man jedoch lernen, wieder zu lachen.
Sicherlich ist es Ihnen auch schon passiert, dass Sie allein waren und über einen Ihrer Gedanken lachen mussten. Ein quasi „innerer Dialog-Witz“. Der innere Dialog ist etwas vollkommen Normales. Menschen praktizieren innere Diagole tagtäglich, ob bewusst oder unbewusst. Über den „inneren Dialog“ gibt es viele interessante Artikel.
Ich bin bewusst über die Rhetorik auf den „inneren Dialog“ gekommen. In der Rhetorik geht es primär darum, sich in Dialogen mit anderen Menschen behaupten zu können, aber auch einfach nur sinnvoll Wissen oder Standpunkte zu vermitteln. Geht es darum, in einem Disput mit einem oder mehreren Disputanten einzutreten, empfiehlt es sich, in einem inneren Dialog die Argumente der anderen Disputanten mit entsprechenden Gegenargumenten zu trainieren.
Auf den „innerer Dialog-Witz“ bin ich durch Zufall gestoßen. Ich hatte eine Gruppe eher ernster und schweigsamer Teilnehmer für einen fünftägigen Kurs. Am Montagabend fing ich an über die Themen des nächsten Tages nachzudenken und es gelang mir ein paar humorvolle Ideen zu entwickeln, um die Leute etwas aus der Reserve zu locken.
Dieses aktive Nachdenken, wie man bestimmte Themen mit Humor würzen kann, habe ich mir dann zur Angewohnheit gemacht. Ich habe sogar Zeitpunkte identifiziert, an denen ich in Sachen Humor am kreativsten bin. Morgens im Bett nach dem Aufwachen und beim Joggen.
Das Tolle beim Joggen ist, dass wenn ich mir gerade eine witzige Story zusammenreime, ich mich gar nicht mehr beim Quälen quäle. Ich nehme das Joggen noch positiver wahr.
Auch den Zufall beziehe ich mit ein. Der Mensch hat 60000 – 90000 Gedanken am Tag. Da ist auch mal ein humorvoller Gedanke dabei. Den schreibe ich bei der nächsten Gelegenheit auf. Am Ende des Monats sind das zwischen 30 und 200 lustige dokumentierte Gedanken. Daraus mache ich dann eine Story.
Und man glaubt es nicht! Wenn Sie das aktiv betreiben, wachsen Sie in dieser Fähigkeit. Sogar wenn ich staubtrockne Themen aus der Betriebswirtschaft erarbeite, fallen mir plötzlich witzige Pointen ein. Und genau wie beim Joggen, wird das staubtrockene Thema zur lustvollen Herausforderung. Darüber hinaus können Sie mit dieser Technik negative Gedanken schnell vertreiben. Sogar bei realen Problemen, die Sie intensiv beschäftigen, können Sie die rote Karte zeigen.
Humor oder das Nachdenken über witzige Anekdoten oder Assoziationen werden zum „intrinsischen Motivationsturbo“.
Und jetzt sind wir bei der Überschrift dieses Absatzes: Zu welchen positiven Effekten führt Humor?
„Humor als Innerer Dialog“ = „Intrinsischer Motivationsturbo“!
Wenn Sie dann Ihre Stories und Anekdoten im Alltag anwenden, lösen Sie nicht nur bei Ihrem Umfeld positive Effekte aus, sondern Ihr Gehirn belohnt Sie auch noch mit positiven Botenstoffen.