PmBok Guide 6, Kap.12: Es hat sich nicht allzu viel geändert. Aber immerhin ist ein Prozess verschwunden.
Das Kapitel 12 im PmBok Guide umfasst in der Version 5 vier Prozesse, in der Version 6 nur noch 3 Prozesse. Der Prozess „12.4 Beschaffungen abschließen“ wurde ersatzlos gestrichen. PMI hat über Marktforschung erkannt, dass Projektleiter so gut wie nie Projekte abschließen. Dafür sind Vertrags- oder Rechtsabteilungen zuständig. Das wird viele Projektleiter freuen, da Beschaffungsmanagement in Verantwortung der Projektmanager, in vielen Projekten sowieso kein Thema ist.
Im PmBok Guide 6, Kap.12 verbleiben die Prozesse:
12.1 Beschaffungsmanagement planen
12.2 Beschaffungen durchführen
In der Einleitung – jetzt unter der Überschrift „Grundsätze des Beschaffungsmanagements“ – werden in der 6er Version bestimmte Sachverhalte besser erklärt. Bspw. wird klar formuliert, dass der Käufer, der einem Projektteam zugeordnet ist, auch der Gesamtorganisation des Projektteams angehört. Auch die juristische Brisanz für die Beschaffungsprozesse wird deutlich hervorgehoben.
Als neuer Zusatz wird kenntlich gemacht, dass nicht alles was der PmBok Guide als rechtlich korrekt bezeichnet, in anderen Ländern ebenfalls der Fall ist. Vom Autor: Dazu sollte man insbesondere das Common Law (USA) und Zivil Law (Europa) unterscheiden können.
Ebenfalls neu ist der Hinweis, den Wissenstransfer vom Lieferanten zum Kunden oder umgekehrt im Vertrag zu dokumentieren. Prozesse, die Daten der Kunden und Lieferanten integrieren, betreffen nicht nur Personendaten, auch Produktdaten sind schützenswert. In Deutschland gilt das Bundesdatenschutzgesetz. Verstöße dagegen können zu empfindlichen Strafen führen.
Auch im Kapitel 12 erscheint der neue Absatz „Trends und neu entstehende Praktiken im Beschaffungsmanagement“. PMI fokussiert drei Bereiche.
1. Fortschritte bei Werkzeugen: Beschaffungsmaßnahmen werden immer mehr über Online – Beschaffungswerkzeuge getätigt. Ein treffendes Beispiel bildet da die Baubranche. Erhebliche Kosten- und Zeiteinsparungen werden über Modellierungswerkzeuge erreicht. Wenn man in der Vergangenheit über 3D Modellierung sprach, sind zurzeit schon 4D (zusätzliche semantische Informationen) und 5D Modellierer aktuell. So kann bspw. im Bauablauf jeder Prozessschritt auf der Zeitachse simuliert werden. Ein großer Vorteil ist die Darstellung von Abhängigkeiten zu anderen Bauteilen. Muss bspw. eine Heizung eingebaut werden, werden alle Abhängigkeiten und notwendigen Bauteile angezeigt. Verknüpft man den Zeitablauf mit der 3D Simulation, erhält man ein 4D Modell. Die 4D Überwachung läuft über Kameras, deren Bilder in Punktwolken generiert werden um dann als Vergleichsmodell den Fortschritt erkennbar macht. 5D Modellierung dagegen fokussiert die Kostenentwicklung.
Gebäudedatenmodellierung wird auch als Building Information Modell (BIM) bezeichnet.
2. Modernes Risikomanagement: Aufgrund der wachsenden Komplexität in Projekte, werden Risiken immer unüberschaubarer. Insbesondere dann, wenn die Käuferorganisation und Trägergesellschaft der Projektorganisation nicht identisch sind. Schon im Vertrag sollten Vereinbarungen stattfinden, die die Risikoübernahme entstehender Risiken den jeweiligen Bereichen zuordnen.
Vom Autor: Auch hier existieren Portale oder Unternehmen, die den gesamten Beschaffungsprozess digitalisiert, angefangen bei der Bedarfsanalyse über Anbietersuche, Bestellwesen, SRM und Service, outsource bar machen. Viele Risiken werden über solche Portale ausgeschaltet, z.B. durch Einhaltung der SOX Richtlinien oder kontinuierliche Überwachung der Lieferanten.
3. Änderungen der Prozesse des Vertragswesens: PMI sieht in den letzten Jahren erhebliche Veränderungen im Bereich des Vertragswesens aufgrund des Anstiegs internationaler Projekte. Internationale Projekte erfordern internationale Verträge. Eine sehr häufig auftretende Projektart im internationalen Kontext sind BOT Projekte (Build, Operate and Transfer Projects), die durch öffentliche Auftraggeber und einer Projektgesellschaft initiiert werden. Die Primären Verträge finden zwischen diesen beiden Organen statt, darüber hinaus existieren aber ungezählte weitere Beteiligte, auch aus anderen Ländern, deren Verträge als Sekundärverträge bezeichnet werden. Es dürfte auf der Hand liegen, dass das Risikopotenzial hier ungleich größer sein wird, als bei einem landesinternen kleineren Projektumfeld.
Das O im BOT steht für die begrenzte Vermarktung, die der Projektgesellschaft die Gelegenheit geben soll, ihre Investitionen zu refinanzieren.
Fortsetzung folgt